Eiserne Faust statt goldene Zukunft

12.09.2017

Eine Palmölmühle direkt auf den heiligen Palotro Hill, eine wichtige Kultstätte, missachtete Richtlinien und Verhaftung, wer sich dem Ölpalmkonzern in den Weg stellt:  Von nachhaltig angebautem Palmöl (RSPO) hat die indigene Gruppe der Blogbo in Liberia bislang nichts bemerkt – im Gegenteil. Vieles ist für sie traurige Realität geworden.

 

«Wirtschaftlicher Aufschwung durch nachhaltig hergestelltes Palmöl», so preist der liberianische Ölpalmkonzern Golden Veroleum Liberia (GVL) seine Tätigkeiten an.

 

GVL gehört zur indonesischen Golden Agri-Resources, zweitgrösster Palmölproduzent weltweit. Beide sind Mitglied des Runden Tisches für nachhaltig angebautes Palmöl (RSPO), einer Initiative, die seit 2004 verspricht, nachhaltige Anbaumethoden für Palmöl zu fördern. Davon hat die indigene Gruppe der Blogbo, die im Konzessionsgebiet von GVL lebt, bislang nichts bemerkt – im Gegenteil: Zerstörte Felder und Wälder, verschmutztes Wasser und Gewalt sind für sie inzwischen traurige Realität.

 

«Das Leben hier ist unerträglich geworden. Unsere Felder und Wälder wurden uns weggenommen und in Ölpalmplantagen umgewandelt», sagt Lee Swroh, ein Angehöriger der Blogbo. «Wir haben keine Wälder mehr, um Medizinalpflanzen und Bedachungsmaterial zu sammeln und Tiere zu jagen. Damit fehlen uns jetzt wichtige Einkommensquellen, die es uns ermöglicht haben, unsere Kinder in die Schule zu schicken und andere Grundbedürfnisse zu decken.»

 

Simpson Snoh und Lee Swroh wehren sich gegen das Vorgehen von Golden Veroleum.
 

Illegale Konzessionsvergabe

 

Das 2010 lancierte Palmölprojekt von GVL umfasst 260 km², was fast der Fläche des Kantons Nidwalden entspricht. Ohne Einbezug der Bevölkerung erhielt GVL von der Regierung eine Konzession für 65 Jahre und begann damit, Ölpalmplantagen und Verarbeitungsanlagen zu errichten.

 

«Die Regierung hat dafür gar keine rechtliche Grundlage. Sie verstösst gegen das Gesetz über öffentliches Land», betont Lee Swroh. «Unsere Leute sind die legitimen Besitzer dieses Landes.

 

Unsere Ahnen haben sich hier niedergelassen, lange bevor es eine Regierung gab. Eigentlich wäre es ihre Aufgabe, unsere Rechte zu schützen und nicht, unsere Grundrechte verletzen.» Das Management von Golden Veroleum weist die Kritik zurück. GVL habe die Bevölkerung konsultiert und bringe Entwicklung in die Region, heisst es.

 

In mehreren Etappen sollen Plantagen angelegt und schliesslich die grösste Palmölfabrik Afrikas erstellt werden. Ein Viertel des Konzessionsgebietes ist bereits mit Ölpalmen bepflanzt. Werden auch die geplanten Verarbeitungsbetriebe gebaut, sollen laut den Versprechen des Unternehmens bis zu 40 000 Arbeitsplätze entstehen. Heute beschäftigt GVL nach eigenen Angaben 3600 Personen.

 

 

Unrechtmässig inhaftiert

 

Tatsächlich hat GVL gegenüber der Bevölkerung bislang wenig Fingerspitzengefühl gezeigt. So baute GVL unter anderem eine Palmölmühle direkt auf den heiligen Palotro Hill, eine wichtige Kultstätte der Blogbo. «Das hat die Bevölkerung sehr verletzt, denn der spirituelle Ort wurde immer noch aufgesucht», sagt Swroh. Trotz der Proteste der Bevölkerung wolle GVL auch die im Endausbau 16-mal grössere neue Mühle auf dem Palotro Hill betreiben. «Die Firmenleitung weigert sich auch hier, mit uns zu sprechen und auf unsere Probleme einzugehen», sagt Swroh.

 

 

Wer sich gegen GVL und ihr Land Grabbing wehrt, lebt gefährlich. Schon mehrmals wurden Menschen verhaftet und Opfer von Gewalt. Einer davon ist Simpson Snoh, Anführer der Bewegung Blogboteh, die sich gegen GVL und ihre Plantagen wehrt. Mit Handschellen gefesselt wurden Snoh und drei weitere Männer ins Gefängnis der Provinzhauptstadt Greenville gebracht und lange festgehalten. «Ohne Anklage, obwohl das verboten ist», sagt er.

 

Verhaftet wurden sie, als sie mit einem Team von Global Witness Landflächen  der Blogbo besuchten, um zu prüfen, ob GVL geschützten Wald ohne Genehmigung und ohne Einverständnis der Bevölkerung abgeholzt hatte. Später wurden die drei Männer freigelassen. Eine Anklage oder eine Gerichtsverhandlung gegen die Sicherheitsleute von GVL und die Polizisten gab es nie.

 

«Wir Blogbo sind friedliche Menschen. Wir wollen ohne Gewalt erreichen, dass wir auch weiterhin das Land unserer Ahnen bearbeiten können», sagt Lee Swroh. Und Simpson Snoh unterstreicht, dass sich Blogbo-teh «nicht grundsätzlich gegen die Firma stellt, sondern dagegen, dass deren Vorgehen und die Inhalte der Konzession gegen unsere Grundrechte verstossen».

Auch in anderen Teilen des Konzessionsgebiets wurden Protestierende verhaftet und kriminalisiert, wie ein Bericht von Global Witness von Oktober 2016 belegt. Für Fred Thompson aus dem Butaw-Bezirk endete die Festnahme gar tödlich. Der junge Mann beteiligte sich an einem Protest vor dem Gebäude von GVL. Er und zwanzig weitere Männer wurden durch die schnelle Einsatztruppe der Nationalpolizei verhaftet und ins Gefängnis gesteckt, wo er an den Folgen der Übergriffe starb. Der schwer bewaffneten Einsatztruppe der Polizei zahlt GVL laut Global Witness Unterkunft und Essen.

 

 

Bevölkerung übergangen

 

Die Zustände und Vorkommnisse verstossen nicht nur gegen liberianisches Recht, sondern auch gegen die RSPO-Richtlinien. Diese verpflichten die Unternehmen dazu, die lokale Bevölkerung frühzeitig zu konsultieren und ihre Anliegen einzubeziehen. Da dies offensichtlich nicht der Fall war, haben Simpson Snoh und seine Mitstreiter bei RSPO Klage eingereicht.

 

«RSPO sandte daraufhin ein Untersuchungsteam und wir zeigten ihnen alle Beweise, die unsere Anklage untermauern.» Als Folge hielt RSPO GVL dazu an, ihre Plantagen nicht weiter auszudehnen, auf den Ausbau der grossen Mühle zu verzichten und das Gespräch mit der Bevölkerung zu suchen. «Doch GVL hat sich nicht an die Vorgaben von RSPO gehalten», sagt Lee Swroh enttäuscht. Demnächst soll ein weiterer RSPO-Bericht erscheinen, der eine Klage gegen GVL im Distrikt Tarjuowon untersucht. Doch solange der RSPO-Standard freiwillig bleibt, werden wohl auch diesen Worten keine Taten folgen.

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