IT-Rating 2017
Arbeitsrechte werden noch immer als Aufgabe der Zulieferer betrachtet
Statt selber Verantwortung für ihre Lieferkette zu übernehmen, schieben die Unternehmen die Verantwortung zu häufig einfach an ihre Zulieferer ab. Sie verpflichten diese durch Verhaltenskodizes und Unternehmenspolitiken zur sozialen Verantwortung, deren Einhaltung vor allem durch sogenannte Audits (interne und externe Umsetzungs-Überprüfungen) sichergestellt wird. Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen werden weiterhin als Probleme der Zulieferer betrachtet, welche hauptsächlich durch diese zu lösen sind.
Sämtliche untersuchten Firmen – ausser Fairphone – verfolgen einen Top-Down-Ansatz der Corporate Social Responsibility. Die Arbeitenden selbst werden innerhalb der Corporate Social Responsibility nicht als handelnde Subjekte wahrgenommen. Dagegen steht die Einsicht, dass Veränderungen im Bereich der Arbeits- und Menschenrechte nur erfolgen können, wenn diejenigen, um deren Rechte es geht, sich dazu äussern und selbst dafür einsetzen können. Die Selbstorganisationsmöglichkeit der Angestellten beispielsweise in Form von Gewerkschaften ist deshalb ein zentraler Aspekt innerhalb des Ratings. Bewertet wurde, ob die Firma über entsprechende Paragraphen in ihren Kodizes verfügt, ob Informations- und Weiterbildungsmöglichkeiten bestehen und wie mit Arbeiterinnenvertretungen im Rahmen von Audits und Beschwerdeverfahren sowie in Multistakeholder-Initiativen zusammengearbeitet wird. Allgemein ist festzustellen, dass sich dabei seit 2014 keine nennenswerten Verbesserungen ergeben haben. Ausser Apple bekennt sich 2017 keine der untersuchten Firmen explizit zu einer gewerkschaftsfreundlichen Haltung. Apple hat im Firmenkodex eine Spezialklausel verankert bezüglich Gewerkschaftsfreiheit in Gebieten, wo diese eingeschränkt ist. HP hat eine entsprechende Klausel inzwischen wieder entfernt beziehungsweise ersetzt durch den weniger weitgehenden RBA-Branchenkodex. Keine der untersuchten Firmen arbeitet bei Kernanliegen systematisch mit Gewerkschaften oder unabhängigen NGOs zusammen. Lediglich Dell und HP berichten von vereinzelter Zusammenarbeit mit NGOs im Rahmen von Weiterbildungsveranstaltungen für Arbeiterinnen und Arbeiter. Inwiefern diese Trainings auch Fragen zu Arbeitsrechten und zur Selbstorganisation betreffen, ist unklar. Aufgrund fehlender Informationen ist davon auszugehen, dass solche Anliegen nicht an vorderster Stelle stehen.
Das Engagement der untersuchten Firmen innerhalb von Multistakeholder-Initiativen hat sich scheinbar ebenfalls kaum verändert. Im Fall der Firma Apple, die aus der Fair Labor Association ausgetreten ist, hat sich das Engagement gar verringert. Die Firmen beschränken sich auf ihr Engagement in Brancheninitiativen (hauptsächlich Responsible Business Alliance RBA und Global e-Sustainability Initiative GeSI), die sie gleichzeitig als Stakeholder-Engagement anpreisen, obwohl sie eine wichtige Anspruchsgruppe, nämlich die Arbeitnehmenden im Produktionsprozess, ausklammern.